Haushaltsrede der Grünen im Paderborner Rat 13. Januar 20099. Februar 2009 Die Grüne Ratsfraktion in Paderborn hat den Haushalt 2009 für die Stadt Paderborn abgelehnt. In ihrer Haushaltsrede begründet die Fraktionsvorsitzende Brigitte Tretow-Hardt die ablehnende Haltung. Haushaltsrede Bündnis/Die Grünen Brigitte Tretow-Hardt Haushaltsrede 2009 Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren Die Zeiten, dass man noch einigermaßen sorglos in die Zukunft sehen konnte, scheinen erst mal beendet zu sein. Wir haben eine bedrückende Weltwirtschaftskrise, wir haben weltweit ein riesiges Klimaproblem und wir haben hier bei uns im Lande einen immer größeren Riss in unserer Gesellschaft zwischen zunehmender Armut vieler und horrendem Reichtum einiger. Dass die Wirtschaftskrise in den USA auch so schnell die Paderborner Stadtverwaltung erreicht hat, hätte niemand gedacht. Auch Herr Hartmann nicht. Immerhin geht es um 7 Millionen Euro, die wir Ende Oktober wieder im Stadtsäckel gehabt hätte, ja, wenn nicht… Ob der Sicherheitsfond hält, was er verspricht? Das hoffen wir mal. Aber dann Herr Hartmann, bringen Sie das Geld sofort zu unserer Sparkasse Paderborn. Ein sicherer Hort in unsicheren Zeiten. Warum die Landesregierung in diesen Luftikus-Zeiten partout das Sparkassengesetz verändern und Privaten zukünftig die Tür öffnen wollte, bleibt völlig unverständlich. Abzusehen ist, dass die Wirtschaftkrise in nächster Zeit in vielen Bereichen Auswirkungen haben wird. Wir werden in den nächsten Jahren harte Haushaltsjahre haben. Nicht nur, weil strukturell unser jetziger Haushalt bereits überschuldet ist, sondern auch weil die Zeiten härter werden. Demgegenüber waren die jetzigen Haushaltsdebatten in den Ausschüssen in einer finanziell sehr sorglosen Art und Weise geführt worden. Nächstes Jahr sind Wahlen. Die CDU will gewählt werden und hat möglichst breit ihre Wohltaten gestreut. Da die Opposition keine Geschenke verteilen kann, – das würden wir natürlich auch nie machen – heißt das bei Herrn Hüttemann: „keine Wahl ohne Bürgerbegehren“. Die SPD hat es ja auch mal probiert. Wenn wir die Wirtschaft fördern wollen, Arbeitsplätze erhalten und ausbauen und Klimaschutz verbessern wollen, dann können wir hier vor Ort maßgeblich dazu beitragen und zwar maßgeblich durch energetische Gebäudesanierung. Das erklärte Klimaschutzziel der Bundesregierung ist eine CO 2 Reduzierung um 40% bis 2020. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn auch alle Kommunen mitspielen. Bund und Länder überschlagen sich zurzeit mit Zuschussprogrammen zur energetischen Gebäudesanierung. Nutzen wir das zu einem regionalen Konjunkturprogramm, denn schließlich profitieren die regionale Wirtschaft und Handwerksbetriebe von den Aufträgen. Aber man muss es politisch wirklich wollen und tatsächlich personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen. Und nicht wie die CDU im Kriechgang, die die Verwaltung sozusagen zur Schnecke macht, die viel zu spät am Ziel ankommt, wie die Schnecke, die sich zur Hochzeit des Königs auf den Weg macht und schließlich dann ankommt, wenn der Sohn des Königs Hochzeit feiert. Was die CDU zurzeit macht, ist kein Konjunktur- sondern ein Schlafprogramm! Wir haben ja alle unsere mehr oder weniger Schwierigkeiten mit dem neuen NKF – Haushalt in diesem Jahr gehabt. So manche Informationen waren nicht auffindbar. Aber einen Vorteil von NKF haben wir bereits schätzen gelernt: Heute kann genau beziffert werden, was der Sanierungsstau der letzten Jahre und Jahrzehnte durch Wertverlust kostet und der Stadt noch in den nächsten Jahren kosten wird. 30,4 Mio Euro haben sich allein durch Unterlassungen angesammelt, durch nicht durchgeführte, aber notwendige Sanierungsarbeiten. Das heißt aber auch, dass 30,4 Mio Euro in den nächsten 5 bis 7 Jahren aufgebracht werden müssen, um allein Versäumtes nachzuholen. Hinzu kommen Mittel, die laufend investiert werden müssten, um nicht neue Löcher zu produzieren. Das sind Versäumnisse der vergangenen Jahre, die Sie, meine Damen und Herren von der CDU, zu verantworten haben! Sie haben sich hartnäckig geweigert hier zu investieren und unsere Anträge dazu abgelehnt, auch in diesem Jahr. Die Armut wächst auch in Paderborn und ist ja auch schon lange Thema hier. Was so ärgerlich macht, ist, dass wir als Kommune immer den Reparaturbetrieb für die schlechte Armutspolitik auf Bundesebene spielen müssen. Zwar hat Frau von der Leyen die Familien finanziell gefördert, aber Familien, die in Armut leben und es am Nötigsten haben, gehen leer aus. Sie haben nichts vom Kindergeld, nichts von steuerlichen Verbesserungen. Und die Regelsätze bei ALG II und der Sozialhilfe reichen eh nicht aus, insbesondere für Familien nicht. Schon allein aus diesem Grund haben wir den Antrag der DIP auf 50 Euro pro Kind zu Weihnachten 2009 befürwortet, auch wenn dieses Geld nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Schade, dass die CDU abgelehnt hat. Die Stadt Paderborn tut schon Einiges, um Auswirkungen von Armut zu mildern: beim Kindergartenbeitrag, beim Programm „kein Kind ohne Mahlzeit“, bei den Schulsachen etc. Dringender Nachholbedarf bestand bei den Essensbeiträgen in den Kindergärten, die anders als in den Schulen, nicht durch das Programm „kein Kind ohne Mahlzeit“ bezuschusst werden. Bereits im letzten Jahr hatten wir GRÜNE dazu einen Antrag gestellt, der preislich in etwa dem diesjährigen Antrag der CDU entsprach. Die CDU musste also in diesem Jahr nacharbeiten. Unseren diesjährigen Antrag auf ein kostenloses Mittagessen für arme Kinder hat die CDU abgelehnt. Mal schauen. Vielleicht wird ja auch dieser Antrag im nächsten Jahr von der CDU übernommen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass Kinder aus Armutsverhältnissen bei allen Angeboten von Sport, Musikschule und städtischen Freizeitangeboten nicht ausgegrenzt werden, weil sie selbst den manchmal auch schon reduzierten Beitrag nicht bezahlen können. Wir haben schon mehrfach im JHA Handlungsbedarf angemahnt. Natürlich geht dies nur im Konsens mit den jeweiligen Trägern. Wir Grüne werden uns im kommenden Jahr dafür einsetzen. Gesellschaftlich Teilhabe und Integration dieser Kinder muss gewährleistet sein, ansonsten bleiben sie am Rande stehen und entwickeln sich so, dass sie selbst weniger Chancen haben und wir mehr Probleme. Wir brauchen in Paderborn mehr Kita-Plätze für die unter dreijährigen Kinder, vor allem fehlen Plätze für die unter Zweijährigen. Der Bedarf ist bei weitem noch nicht gedeckt. Neben der Vereinbarkeit von Beruf und Kindern spielen Kindergärten als Bildungseinrichtungen eine immer größere Rolle. Gerade Kinder aus armen und bildungsfernen Schichten können durch den Kindergartenbesuch erheblich profitieren. Es fehlen Spielplätze in Paderborn. In 70 Jahren werden wir laut Verwaltung bei dem jetzigen Ausbautempo den Mangel behoben haben. Der Vater, der sich vor einiger Zeit wegen mangelnder Spielfläche in seinem Wohnbereich beklagt hat, wird es nicht mehr erleben. Aber sein kleiner Sohn, dann über 70, hat die Chance, mit seinen Enkelkindern auf einem Spielplatz spielen können. Leider mussen wir jedes Jahr aufs Neue über Schulsozialarbeit diskutieren. Zumindes hat die CDU in diesem Jahr eingesehen, dass es Probleme in den Grundschulen gibt. Dies hat allerdings nicht dazu geführt, dass die dringend benötigten Schulsozialarbeiter / innen eingestellt werden. In der Familien- und Sozialpolitik wäre die CDU gut beraten, wenn sie auf uns, die Opposition hören wurde. Tut sie aber nicht. Ich habe jetzt die FDP nicht zur Opposition gezählt! Da herrscht soziale Eiseskälte! Aber wenn die FDP von der CDU lernen würde, und die CDU von uns – das wäre nicht schlecht, hier im Rat. In der Zeitung stand vor kurzem, dass unser Bürgermeister bei der Kandidatenwahl der CDU schon in Wahlstimmung sei und sich kämpferisch zeigte. Das war aber auch wirklich richtig kämpferisch, die SPD als „Hühnerhaufen“ zu bezeichnen. Wir waren beeindruckt. Und weiter hieß es: Herr Paus ließe keinen Zweifel, dass am Ende seine eigene Standfestigkeit und die der CDU in Paderborn dafür gesorgt hätten, dass beide Projekte, Stadion und Kammerspiele, realisiert werden. Was meinte unser Bürgermeister mit Standfestigkeit? Die der Projekte sicherlich nicht. Beide Projekte standen immer erneut auf wackligen Füßen und der Bürgermeister stolperte von einem Desaster ins andere. Klar, das Stadion steht und der Ball rollt. Und irgendwie ist man froh, das es steht, nach all den Pannen: „Stop and go“. Sündhaft teuer ist das Stadion geworden. Eine erhebliche Belastung für unseren städtischen Haushalt! Auch in Zukunft. Während das Stadion steht, steht bei den Kammerspielen noch kein Stein auf dem anderen. Aber der Kötterhagen steht. Und wie lange hat es gedauert? 10 Jahre? 12 Jahre oder noch mehr? Das erfordert wirklich sehr viel Standfestigkeit, um bei so viel Stillstand und auf der Stelle treten überhaupt noch auf den Beinen zu stehen. Um wie viel teurer die Kammerspiele inzwischen werden, konnte die Kämmerei für diesen Haushalt noch nicht beziffern. Und übrigens, Herr Paus, Ihre CDU-Truppe hier im Rat hatte auch eine parallele Alternativplanung befürwortet, mit Stichtag. Haben sich dann aber selbst nicht mehr so ernst genommen. Und mal ganz ehrlich, Herr Bürgermeister, sind ihre Kollegen dahinten nicht auch ein Hühnerhaufen, oder zumindest ein Häufchen? Über eins grübeln wir aber noch, Herr Paus, wenn sie ihre Standfestigkeit so rühmen. Sollte das etwa eine Drohung sein, nach der Wahl die gescheiterte Multifunktionshalle wieder aus der Schublade ziehen oder den Neubau der Stadtverwaltung? Herr Paus, eine Bitte an Sie, sollten Sie Bürgermeister bleiben: Keine Großprojekte mehr!! Am Ende noch einige Worte zur MVA Das deutliche Votum der Menschen in unserer Stadt gegen die MVA hat eine Geschlossenheit hier im Rat hervorgebracht, wie wir sie bisher kaum erleben konnten. Auch wenn der Bürgermeister und die CDU anfänglich eher dahin geschoben werden musste, sich klar gegen die MVA auszusprechen. Aber an 45.000 Unterschriften kam auch sie nicht vorbei. Lasst uns gemeinsam alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die MVA zu verhindern, die niemand hier in Paderborn will. Von der Bezirksregierung können wir keine Hilfe erwarten. Wir müssen uns schon selber hier in Paderborn helfen, mit dem know-how der Verwaltung und der Bürgerinitiative, die mit viel Arbeit und Sachverstand wertvolle Arbeit geleistet haben. Und ich denke, wir sollten hier im Rat der Bürgerinitiative ein dickes Lob und Dankeschön aussprechen. Den Haushalt lehnen wir ab. Wir hätten uns einen besseren gewünscht. Brigitte Tretow-Hardt
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