Der Verantwortung für die Stadt wird dieser CDU-FDP-Haushalt nicht gerecht 23. März 20122. April 2012 Die gestrige Haushaltsrede von Dr. Klaus Schröder, dem stellvertretenden Ratsfraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, wie die finanzielle Lage der Stadt einzuschätzen ist, darüber ist hier heute schon genug gesagt worden und darüber wird auch sicher noch einiges gesagt werden – und in einen Wettbewerb, wer das jetzt am herzzerreißensten oder am angemessensten darstellen kann – in diesem Wettbewerb will ich nicht eintreten, denn das bringt niemanden weiter. Aber natürlich drückt diese schlechte Haushaltslage uns alle und man muss sich fragen, wie man in so einer Situation an Haushaltsberatungen herangeht. Wir Grünen haben uns zum Ziel gesetzt zu prüfen: wo ist überflüssiges, da kann man verzichten – wo passt es, da kann es bleiben – aber auch: wo ist es zu knapp, denn da muss man verstärken. Bei einigen anderen hatte ich in den Beratungen zum Haushalt den Eindruck, dass sie die Haushaltsberatungen stattdessen als eine Art Sparolympiade mißverstanden haben. Aber darum kann es nicht gehen! Wir sind nicht nur dem Kontostand verantwortlich, wir tragen auch Verantwortung für eine ganze Stadt: für die Infrastruktur, für die Bildung und für die Menschen die in unserer Stadt wohnen. Und das macht es nicht einfacher, das macht es nur noch schwerer. Keine Eröffnungsbilanz 2009 und der Haushaltsentwurf kommt erst im Dezember Umso wichtiger wäre es, den Paderbornerinnen und Paderbornern transparent zu machen, wie es denn in der Kasse aussieht und wohin die gut 300 Millionen denn fließen, die die Kommune aufwenden will. Leider ist der Haushaltsplan immer noch kein bürgerfreundliches Werk geworden. Das mag sicher auch am schieren Umfang des Zahlenwerkes liegen, aber sicher nicht nur. In vielen Punkten genügt das, was die Kämmerei uns vorgelegt hat, nicht den Ansprüchen: Es fehlen immer noch viele wichtige Erläuterungen. Wenn sich Ausgaben um etliche hunderttausend Euro erhöhen, können Bürger und Rat schon erwarten, dass sich die Verwaltung die Mühe macht, auch ein paar Worte zur Begründung zu schreiben. Es ist aber allzuoft nicht geschehen. An anderen Stellen wurden gemachte Zusagen für mehr Transparenz nicht eingehalten: So wurde der große Ausgabenblock für die Schulen erst in einer Nachlieferung in die einzelnen Schulformen unterteilt. Um den Haushalt zu einem transparenten Steuerungsinstrument zu machen, hat der Rat im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um Kennzahlen zu erarbeiten, wenigstens als Startpunkt. Die meisten davon sind im Haushalt immer noch nicht zu finden. Nach wie vor sieht man nur, was die Verwaltung kostet – nicht was sie dafür leistet. Auch wenn jemand die Haushaltsansätze von heute mit den tatsächlichen Ausgaben der Vergangenheit vergleichen möchte – das Jahresergebnis 2010 liegt im Haushalt nur als vorläufiger Stand vor. Die Verwaltung mutet Rat und Bürgern zu, trotz knapper Kassen bei einem finanziellen Blindflug mitzumachen. Es wird Zeit, dass wir das beenden. Das gleiche gilt für die Eröffnungsbilanz zum 01. Januar 2009, die Grundlage für viele Berechnungen im Haushaltsplan ist. Längst müsste diese Bilanz fertig sein, mehr als drei Jahre reicht sie in die Vergangenheit zurück, fertig ist sie noch immer nicht. Weiter wurde uns der Entwurf des Haushaltsplans im Dezember und damit viel zu spät vorgelegt – genauso wie in den letzten Jahren. Und man muss so langsam fürchten, dass das in Paderborn eine schlechte Tradition wird. Der spät vorgelegte Haushaltsplan war dann offensichtlich auch schon bei Drucklegung veraltet. Jedenfalls mussten wir feststellen, dass in der Fortführungsliste Änderungen mit Informationen aus dem Juli letzten Jahres begründet wurden – wie muss es eigentlich in einer Verwaltung aussehen, dass Informationen anscheinend mehr als vier Monate für den Weg vom Jugendamt in die Kämmerei benötigen. Da war man zu Zeiten derreitenden Boten schon weiter. Wenn ich noch einen Nachsatz loswerden darf: Paderborn ist zu Recht stolz darauf, eine IT Stadt zu sein. Wenn in so einer Stadt der Haushalt zunächst auf Papier ausgedruckt wird, um dann mühsam wieder eingescannt zu werden und dann in lausiger Qualität ins Internet gestellt zu werden – dann ist das einfach nur armselig. Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren Es wird Zeit, dass die Kämmerei endlich einmal Dinge auch fertig bekommt. Und damit will ich gar keine Kritik an den Mitarbeitern üben – denn wenn solche Rückstände über Jahre bestehen, dann stinkt der Fisch vom Kopf her. Hr. Paus, Hr. Hartmann vielleicht setzen Sie sich mal zusammen und überlegen sich eine Lösung, das ist mehr als überfällig. Nein, der vorgelegte Entwurf ist weit davon entfernt, tauglich für einen Bürgerhaushalt zu sein. Und der finanziellen Lage trägt der Entwurf der Kämmerei auch nicht wirklich Rechnung. Ich denke, Bürger und Rat hätten mit Fug und Recht erwarten können, dass die Verwaltung von sich aus nach Möglichkeiten sucht, überflüssige Aufwände aus dem Haushalt zu streichen. Stattdessen scheint man sich darauf beschränkt zu haben, Ansätze fortzuschreiben und Ansatzerhöhungen einzuarbeiten. Vielfach sind es besonders die Bereiche der inneren Verwaltung für die höhere Ansätze geplant wurden – ohne dass erkennbar ist, welche Mehrleistungen nun erbracht werden. Der Amtsschimmel wird weiter gemästet. Herr Hartmann: Sie haben im Dezember vom Rat harte Einschnitte und eine Koalition der Vernunft gefordert. Ich finde es passt nicht dazu, wenn im Haushalt dann Bereiche wie „Öffentlichkeitsarbeit“, „Personalmanagement“ oder „Gewerbewesen“ gegenüber 2010 Zuwächse im zweistelligen Bereich jenseits der 30% zeigen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: in zentrale Bereiche der Verwaltung scheint der Sparwille nur ganz, ganz sachte einzusickern. Ausgewogene Steuererhöhungen nur akzeptabel bei Ausgabendisziplin Konsequent sind Sie, Herr Hartmann, aber an einer Stelle gewesen: Sie haben richtig erkannt, wir kommen in Paderborn ohne eine Verbesserung der Einnahmesituation nicht klar. Und die Verwaltung hat, wie wir finden, dafür einen mutigen und durchaus ausgewogenen Vorschlag für Steuererhöhungen vorgelegt. Das will ich Ihnen hier gern bescheinigen. Dennoch haben wir ihren Antrag nicht mitgetragen, denn: Wenn wir Grünen die Steuererhöhungen mitgetragen hätten, dann wären wir auch von den Menschen dafür verantwortlich gemacht worden, wie das Geld ausgegeben wird. Und – mit Verlaub – diese Ausgabenseite ist auch nach den Haushaltsberatungen noch nicht in einem Zustand, den wir mittragen können, bei weitem nicht. Zudem sich die Koalition ja auch von gewissen Großprojekten – Stichwort „dicke Hose“ – nach wie vor nicht verabschieden mag. Ihrer Einsicht, Hr. Hartmann, konnte sich auch die Koalition aus CDU und FDP nicht verweigern. Aber es macht den Eindruck, als sei es der Koalition durchaus schwer gefallen, die Notwendigkeit von Einnahmeverbesserungen einzusehen. Sie waren zwar bereit, die Steuererhöhungen zu beschließen – aber leider nur halbherzig. Die FDP bricht mit den Steuererhöhungen ein gegebenes Wahlversprechen. Aber, um das jetzt ganz klar zu sagen: ich kritisiere hier nicht, dass Sie dieses Versprechen brechen – zu kritisieren ist, dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern die Haltbarkeit solcher Versprechen in der Vergangenheit vorgaukelt haben. Wenn auch mit schwindendem Erfolg, denn die Menschen sind durchaus bereit, einzusehen, dass eine funktionierende gesellschaftliche Infrastruktur auch etwas kosten darf und muss. Besser wäre aber gewesen, wenn Sie das, was sie jetzt im März beschließen, schon im Januar eingesehen hätten. Denn weil die Steuererhöhungen erst jetzt beschlossen werden, müssen die Bescheide für die Grundsteuer korrigiert und neu verschickt werden. Und das wird die Stadt Paderborn viele zehntausend Euro kosten. Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, In einigen Bereichen, waren die zurückliegenden Haushaltsdebatten durchaus konstruktiv. Wenn man sich das Protokoll aus dem Bauausschuss ansieht, dann kann man erkennen, dass viele viele Ideen in der gleichen oder leicht unterschiedlicher Form von verschiedenen Seiten gekommen und dann vielfach auch gemeinsam beschlossen worden sind. Und auch im Bezirksausschuss Schloss Neuhaus hat es eine große Mehrheit für die Streichung des integrierten Handlungskonzepts gegeben. Für uns Grüne war das nicht nur eine finanzielle Entscheidung, am Vorgehen und am Ergebnis haben wir schon seit langer Zeit Kritik geübt. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man allgemein früher bemerkt hätte, dass da was in die falsche Richtung läuft. Dann hätten wir vielleicht auch die Kosten für die Erstellung des Konzepts sparen können. CDU und FDP lassen eine Beschäftigung mit Details vermissen Aber an vielen anderen Stellen, meine Damen und Herren von der Koalition, konnte man sich oft des Gefühls nicht erwehren, dass Sie sich als Koalition gar nicht auf eine offene Diskussion über die Vorschläge der Opposition eingelassen haben, weil das Ihr Koalitionsgleichgewicht zum wackeln gebracht hätte. Weniger konstruktiv war die Debatte in auch den Bereichen, wo die Anträge der Koalition eine Beschäftigung mit Details und Inhalten nicht erkennen ließen. Besonders gilt das für die beiden Globalanträge: die pauschale Kürzung bei den Personalkosten und die pauschale Kürzung um ganze 0,5 % bei den ordentlichen Aufwänden. Beide Anträge lassen nicht erkennen, was eigentlich das Ziel des Ganzen sein soll. Soll das ein Einspar-Überraschungsei sein, wo man erst im Laufe des Jahres erfährt, welche Leistungen nicht mehr erbracht werden? Oder – und das ist meine eigentliche Befürchtung – geht es ihnen einfach darum, kommende Minderausgaben als ihren eigenen Sparerfolg zu beanspruchen? Wenn das Jahr 2012 am Ende abgerechnet wird, wird es Ihnen schwer fallen zu belegen, dass auf Ihren Antrag hin auch nur ein Euro weniger ausgegeben wurde. Oder anders gesagt: Wenn Sie auf dem Schützenfest zehn Bier trinken, und im allerletzten Glas ein kleines Schnapsglas voll drin lassen: dann haben sie zwar 0,5 % Bier weniger konsumiert – aber Sie sollten sich nicht einbilden, deswegen weniger meßbar weniger besoffen zu sein. Umso seltsamer ist es dann, dass sie diese Anträge präsentiert haben, als hätten sie damit etwas Besonderes geleistet und wären hier die Sieger der großen Spar-Olympiade. Ich nehme an, Sie sind ordentlich stolz darauf, dass niemand 0,6 % globale Minderausgabe beantragt hat, nur um Ihnen den Rang abzulaufen. Uns Grünen geht es jedenfalls nicht um solche Spielchen, darum haben wir konkrete Anträge gestellt, damit wir den Paderbornerinnen und Paderbornern klar sagen können, was wir für überflüssig halten und was nicht. Aber, gelegentlich sind ja auch Ihre Anträge vielleicht noch viel konkreter geworden, als Sie sich das vorgestellt hatten. Was Sie beim Gebäudemanagement geritten hat, den dort veranschlagten Ausbau der Kindertageseinrichtungen für dieses Jahr zu streichen ist mir nach wie vor ein Rätsel. Wenn es ihnen tatsächlich nur darum gegangen wäre, sicherzustellen, dass Landesmittel zur Verfügung stehen, dann wäre ein Sperrvermerk das Mittel der Wahl gewesen. Sie haben aber stattdessen die Ansätze auf Null gesetzt. Zum einen verweisen sie stolz darauf, sie hätten Geld eingespart – zum anderen haben Sie in Ihrer Antwort auf unsere Pressemitteilung geschrieben, das Geld stünde bereit, wenn die Landeszuschüsse kommen. Irgendwie reden Sie mit gespaltener Zunge. Ich denke, ihre Presse dazu war mit „Verdummung hoch Drei“ schon ganz gut überschrieben. Und anstatt das Sie jetzt unruhig werden, lesen Sie sich lieber die Fortführungsliste für das Gebäudemanagement durch: da wo vorher Mittel für den U3-Ausbau standen stehen nach Ihrem Antrag jetzt Nullen – das kann doch jeder sehen und ich verstehe gar nicht was Sie da leugnen wollen. Zudem haben sie Gebäudemanagement auch noch die Mittel für die energetische Sanierung zusammengekürzt. Diese vorgeblichen Einsparungen werden wir über erhöhte Energierechnungen auf die Dauer noch teuer genug bezahlen müssen. Herr Mertens, in der letzten Woche haben sie im Haupt und Finanzausschuss darauf verwiesen es seien ja letztlich unsere Kinder, die unsere Schulden zurückzahlen müssen. Da haben Sie sicher nicht unrecht, aber wenn man Generationengerechtigkeit zu Ende denken will, dann ist es schon nötig, über den Bankkontostand hinaus zu denken. Es geht sicher unter anderem darum, wie viel Schulden wir hinterlassen. Es geht auch darum, in welchem Zustand wir die Welt hinterlassen, wie viel Natur wir unwiederbringlich weggebaggert haben, wie viel Grün wir zubetoniert haben und was wir mit dem Klima angerichtet haben. Und es geht auch darum, mit welchem Rüstzeug, mit welcher Bildung wir die Kinder auf den Weg schicken. Wer bei Generationengerechtigkeit nur an Geld denkt, der muss dringend seinen Horizont erweitern. Wir werden den Haushaltsentwurf ablehnen.“
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