Im Namen der Freiheit: Religion, Staat und Gesellschaft im Konflikt? – Grüner Kongress sucht und findet Antworten 23. Januar 201523. Januar 2015 Über 300 Teilnehmer*innen haben letzten Samstag beim Religionspolitischen Kongress von Bündnis 90/Die Grünen in Düsseldorf das Spannungsfeld zwischen Staat und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften diskutiert. Darunter auch zahlreiche Grüne aus Paderborn mit Sigrid Beer an der Spitze. Zum Abschluss des Kongresses erklärt Bettina Jarasch, Mitglied im Bundesvorstand und Leiterin der Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat: „Spätestens die Attentate von Paris zeigen: Wir müssen Religionen reinholen in den öffentlichen Diskurs. Hierzulande haben wir ein kooperatives Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften. Das heißt, dass die Auseinandersetzung über Religion und säkulare Werte auch in den Schulen und Universitäten stattfindet. Das ist eine Chance – aber nur, wenn das Modell nicht so bleibt, wie es derzeit ist. Solange der rechtliche Rahmen Diskriminierung von Menschen ermöglicht und der Pluralität nicht Rechnung trägt, verliert er weiter an Akzeptanz.“ Sven Lehmann, Landesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ergänzt: „Wir Grüne arbeiten weiter an einem interaktiven Verhältnis von Staat und Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften. Interaktion bedeutet, dass der Staat Religionsgemeinschaften nicht außen vor lässt, ihnen aber gleichzeitig auch einen Rahmen vorgibt. Dieser Rahmen ist für uns unsere Verfassung und Grundwerte wie Gleichberechtigung, persönliche Freiheit und Selbstbestimmung. Wir müssen verstärkt darauf achten, dass Menschen wegen ihres Glaubens oder Nicht-Glaubens nicht ungerechtfertigt bevorzugt oder benachteiligt werden. Daher haben wir uns heute Reformen in vielen Bereichen wie dem Kirchlichen Arbeitsrecht, der Kirchenfinanzierung und der staatlichen Gleichbehandlung vorgenommen.“ In insgesamt sechs Foren haben sich Grüne, Vertreterinnen und Vertreter von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften, Verbände, Gewerkschaften und Soziale Bewegungen aus dem gesamten Bundesgebiet an diesem Samstag im Landtag NRW ausgetauscht. Unter anderem haben sich Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Prof. Dr. Micha Brumlik, Senior Advisor am Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, und Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, an den Diskussionen beteiligt. Aiman A. Mazyek erläuterte „Der Glauben an sich kann nicht beleidigt werden, beleidigen kann man nur die Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft. Dieser Gedanke gehört genauso zur Grundausstattung einer modernen Gesellschaft wie die Kenntnis über andere Weltanschauungen und Religionen. Der islamische Religionsunterricht ist in diesem Kontext ein bildungspolitischer Durchbruch, der hoffentlich in einer rechtlichen Gleichstellung münden wird.“ „Die Grünen stoßen einmal mehr eine schwierige, aber gesellschaftlich notwendige Debatte an. Die Attentate von Paris sind das schrecklichste Zeichen für diese Relevanz. Der heutige Kongress hat dieser Debatte einen neuen Schub verliehen und stand ganz im Zeichen von Aufklärung und Begegnung“, summierte Sylvia Löhrmann. „Auch Schule ist ein Ort der Aufklärung und Begegnung von Kindern und Jugendlichen mit den verschiedensten Identitäten. Diesem Leitbild folgend ist es konsequent und notwendig, den islamischen Religionsunterricht in unseren Schulen – wie in NRW geschehen – zu verankern.“ Prof. Dr. Micha Brumlik verdeutlichte: „Sowohl Kirchen als auch Geistlichen wird aufgrund ihrer Einbindung in das staatliche und kommunale Sozialwesen aber auch ob ihres Kontakts mit den säkularen Wissenschaften jene Isolation und Selbstausgrenzung unmöglich gemacht, die zu Fundamentalismus führt. Aus religionspolitischen, funktionalistischen Gründen spricht nichts für eine Aufhebung oder Abschaffung des deutschen Religionsverfassungsrechts, wohl aber alles für seine Fortentwicklung und Korrektur – in bildungspolitischer, in arbeits- und strafrechtlicher sowie in gesellschaftspolitischer Hinsicht.“
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