Bundestagsabgeordnete entscheiden sich gegen kommerzielle Sterbehilfe – Haßelmann: „Schwierige Entscheidung“ 6. November 2015 Heute hat der Bundestag nach intensiver, einjähriger Debatte über ein Verbot der organisierten Sterbehilfe entschieden, berichtet Britta Haßelmann über eine schwierige Gewissensentscheidung. Künftig soll von Vereinen und Personen organisierte, geschäftsmäßig betriebene, auf Wiederholung angelegte Sterbehilfe verboten sein. Angehörige dagegen und andere dem Sterbewilligen nahestehende Personen bleiben weiterhin straffrei. Ärztinnen und Ärzte können weiterhin ohne Einschränkungen für ihre Patientinnen und Patienten da sein. „Mir ist diese Entscheidung schwer gefallen. Ich hatte, wie die anderen Mitglieder des Bundestages, eine schwierige Abwägung einer Frage zu treffen, in der es in der Bevölkerung und auch im Bundestag jenseits von Fraktionen sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Über die in den letzten Monaten intensiv und auch kontrovers diskutiert wurde. In meiner Abwägung und Entscheidung für den Gesetzentwurf, den ich unterstützt habe, ist meine Ablehnung eines assistierten Suizids als Geschäftsmodell, einer kommerziellen Sterbehilfe bedeutend. Bei diesem so hochsensiblen Thema um die Reform der Beihilfe um Selbsttötung standen heute fraktionsunabhängig vier Gruppen-Gesetzentwürfe und einen Antrag zur Abstimmung. Kernfragen waren dabei die Strafbarkeit der Beihilfe zur Selbsttötung überhaupt, die Rolle der ÄrztInnen und die Zulässigkeit von Sterbehilfeorganisationen. Der heute beschlossene „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ kann hier heruntergeladen werden. Keine Mehrheit fanden Der „Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung“, der die gewerbsmäßige, gewinnorientierte Beihilfe unterbindet. Die Hilfe zum Suizid sollte hiernach straffrei bleiben, das Spektrum der Angebote weitgehend beibehalten, also auch Sterbehilfevereine/-helfende und mehr Rechtssicherheit für alle betroffenen Akteurinnen und Akteure hergestellt werden. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung (Suizidhilfegesetz)“, der die ärztlich assistierte Beihilfe zur Selbsttötung ausdrücklich erlauben wollte. Bedingungen sollten hier sein: Die sterbewillige Person ist volljährig und einwilligungsfähig, wurde durch eine Ärztin oder Arzt beraten und leidet unter einer schweren, unumkehrbar zum Tode führenden Krankheit. Der Gesetzentwurf „Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung“ , der schon die Anstiftung und Beihilfe zur Selbsttötung generell verbieten wollte. Über den Antrag „Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe“ , der alles beim alten belassen wollte und die Auffassung vertrat, dass neue Straftatbestände im Hinblick auf die Beihilfe zur Selbsttötung nicht erforderlich sind, wurde am Ende nicht mehr abgestimmt. Palliativversorgung Mit Blick auf das Lebensende stellen sich viele Fragen. Wie lange werde ich selbstbestimmt leben können? Werde ich am Ende Schmerzen erleiden müssen? Werde ich in Würde sterben können? Werde ich umsorgt sein? Der Sterbehilfe-Debatte vorgelagert wurde am Donnerstag deshalb das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (HPG). Dem Gesetz haben wir gemeinsam als Fraktion zugestimmt, denn darüber waren sich in der Debatte viele einig: Eine bessere Palliativversorgung ist dringend notwendig. Das Hospiz- und Palliativgesetz der Bundesregierung ist ein erster Schritt zu einer besseren Versorgung und Begleitung sterbender und schwerkranker Menschen. Auch wenn es darin noch etlichen Verbesserungsbedarf gibt, konnten wir mit unseren Änderungsanträgen auf den letzten Metern weitergehende Verbesserungen erzielen. So wird die Möglichkeit von einem Pflegeheim in ein stationäres Hospiz zu wechseln, stärker berücksichtigt. Zudem erhalten ambulante Hospizdienste mehr Geld für die so wichtige Trauerbegleitung von Angehörigen. Krankenhäusern ohne Palliativstation werden finanzielle Anreize eröffnet mit multiprofessionellen Palliativdiensten zusammen zu arbeiten und bestehende Palliativstationen können künftig entscheiden, ob sie mit den Kassen Fallpauschalen oder individuelle Entgelte vereinbaren. Nichts desto trotz bleiben weiterhin Versorgungslücken, insbesondere das Personalproblem in der Pflege ist weiterhin ungelöst, aber Sterbebegleitung braucht Pflegekräfte, die Zeit für menschliche Zuwendung haben. Und wir brauchen ein flächendeckendes Netz von ambulanten Palliativdiensten und Hospizen auch in ländlichen Regionen, denn es darf nicht vom Wohnort abhängen, ob jemand eine gute Versorgung am Lebensende erhält oder nicht. Unsere Vorstellungen einer umfassenden Versorgung am Lebensende haben wir in einem Antrag eingebacht, um der Bundesregierung den weiteren Handlungsbedarf aufzuzeigen.“
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