„Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft“ – Ein Kommentar

Das Gedicht „Rosen auf den Weg gestreut“ hat Theobald Tiger am 31. März 1931 in der Zeitschrift Weltbühne veröffentlicht:

„Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht – sie sind so zart!

Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!

Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –:
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft! …“

Es geht nicht mehr um Dackelkrawatten oder Interpretationen über vogelbeschissene Vergleiche. Wer nach der Recherche des Netzwerks correctiv zur Wannsee-Konferenz 2.0 in der Potsdamer Villa jetzt den Schuss nicht gehört hat, dem/der ist nicht mehr zu helfen oder diese Leute denken reaktionär. Die Geheimpläne triefen vor Verfassungsfeindlichkeit und Menschenverachtung. Ich freue mich über wachsende Zahlen der Demonstrierenden gegen #Rechtsextremismus und rechte #Hetze.

„Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt: »Ja und Amen – aber gern!

Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!«
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.

Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.“

Egal, ob im „Bürgerdialog“, an Ständen oder auf Medienkanälen, die simplifizierenden und spaltenden Botschaften können uns nicht mehr egal sein. Das Konzept von Nicht-Mehr-Ignorieren der #noAfD ist an ihr Ende gekommen. Aus eigener Anschauung kann ich berichten, dass auch auf der kommunalen Ebene die Beschimpfungen von Ratsvertreter*innen öfters in Bedrohungen umschlagen.

Denkt an die Anschläge von Hanau, Halle, die Terrorserie der NSU und den Mord an Walter Lübcke. Erinnern wir uns an die Anschläge von Solingen und Mölln und die Ausschreitungen in Lichtenhagen und anderswo.

„Und schießen sie –: du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?

Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,
gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen …

Und verspürt ihr auch
in euerm Bauch

den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –:
Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,
küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –!“

Hinter Theobald Tiger steckt bekanntlich der scharfsinnige Kurt Tucholsky und ist seine bittere Abrechnung mit der ausgehenden Weimarer Republik. Und neben der Moral vom heutigen Befreiungstag von Auschwitz #NieWieder und das Gedenken an alle Opfer des faschistischen Terrorsystems tritt die Aufforderung zur Aktivierung #NieWiederIstJetzt.